Personas

Mit den Personas werden prototypische „Personen“ beschrieben. Unter Bezug ihres Umfelds, ihrer Ziele & Begabungen und der vorhandenen Probleme & Herausforderungen wird deutlich, worauf man bei digitalen Bildungsmedien für diese Personas achten kann. Es handelt sich hierbei um keine echten Personen – die Personas werden von Selbstvertreter:innen und fachlichen Expert:innen erarbeitet und somit stets aus der Perspektive von Menschen mit besonderen Bedürfnissen dargestellt. Zusätzlich werden die Personas mit denjenigen (Handlungs-)Empfehlungen verknüpft, die sich für die Unterstützung besonders gut eignen.

Klaus Kämpfer (gehörlos, Berufsschule)

Klaus macht eine Ausbildung zum Raumausstatter. Er ist von Geburt an gehörlos. Im Unterricht arbeitet er sehr gut mit, aber ohne Gebärden versteht er nur die Hälfte. Nachdem er den Mittleren Schulabschluss an einer Schule für Hörgeschädigte geschafft hat, ging er an ein Berufsbildungswerk. Hier konnte er sich in einer Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme für seinen Lieblingsberuf Raumausstatter entscheiden.

Ida Sommer (Berufsschule, Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung)

Ida ist auf einer Berufsschule und hat einen Ausbildungsplatz zur Bankkauffrau. Frau Sommer hat insbesondere Schwierigkeiten bei der Differenzierung bei gehörter Sprache und Geräuschen, beim Sprachverstehen im Störgeräusch, bei der Hör-Merkspanne und dem Wiedergeben von nur Gehörtem, sowie beim Richtungshören. All dies führt zu einer auffälligen Beeinträchtigung.

Karl Winter (Berufsschule, Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme, Selektiver Mutismus)

Karl spricht nur mit ausgewählten Personen. Er leidet unter Sozialangst und hat ein negatives Selbstkonzept. Seine Sprechorgane funktionieren, die Sprechfähigkeit ist grundsätzlich vorhanden. Die nonverbale Kommunikation ist ebenfalls eingeschränkt.

Nico Steinbach (Gymnasium, Asperger Autist)

Nico ist auf dem Gymnasium. Er ist Asperger Autist, seine Reizfilter funktionieren nicht neurotypisch. So muss er bewusst alle Reize verarbeiten und ist sehr schnell erschöpft. Warnsignale kann sein Gehirn nicht rechtzeitig priorisieren, da es alles mit gleicher Wichtigkeit abarbeitet. Konzentrieren klappt nur in reizarmer Umgebung, bei interessantem Thema und logischen Inhalten.

Leon Maler (Berufsschule, Lernschwierigkeiten)

Leon hat erhebliche Lernschwierigkeiten, die er nur mit zusätzlicher Unterstützung bewältigen kann. Er besucht eine Berufsschule mit Förderschwerpunkt Lernen. Leons bisherige Schullaufbahn ist mit vielen Misserfolgserfahrungen und Überforderungssituationen verbunden. Neuem steht er skeptisch und unsicher gegenüber. Er hat wenig Selbstvertrauen und wenig Vertrauen in seine Fähigkeiten.

Ricarda Burkhardt (blind, Studentin)

Ricarda ist die einzige Studentin an ihrer Universität mit Blindheit. Sie arbeitet an einem Laptop mit Braillezeile und Sprachausgabe - Software. Die Vorlesungen schicken die Professoren und Professorinnen vorab per E-Mail, sodass sie sie am Laptop mitlesen kann. Alle Arbeitsmaterialien und Bücher benötigt sie als barrierefreie Dokumente, die ihr ggf. ihre Assistent:innen umarbeiten. Darüber hinaus nutzt sie ein iPhone, welches mit einer kostenlosen Sprachausgabe ausgestattet ist. Mithilfe dieser kann sie diverse Apps nutzen, z. B. zum Erkennen von Gegenständen, für die Orientierung und zur Information über Busfahrpläne.

Christian Müller (hochbegabt)

Schon von klein auf hat Christian neue Dinge selbständig und schnell gelernt und verstanden. Bei Fragen war er meist der Erste, der die Antwort gegeben hat. Er recherchiert gern im Internet zu Themen, die ihn interessieren und liest auch Fachliteratur dazu.

Carina Rupp (ADHS, Gymnasium)

Carina besucht ein Gymnasium. Sie bewältigt ihren Schultag nur unter großer Anstrengung. Aufgrund ihrer ADHS nimmt sie stets alle Geräusche, Gespräche und Geschehnisse wahr, kann sich aber nur schwer auf eines davon fokussieren. Dadurch ist sie schnell abgelenkt und bricht Aufgaben vorzeitig ab. Durch ihren Bewegungsdrang und motorische Unruhe fällt ihr langes Sitzen schwer. Häufig wechselt sie ihre Aktivitäten. Effektiv lernen kann sie jeweils nur in kurzen Konzentrationsphasen und ohne Ablenkung, wenn sie alleine ist.

Murat Dürüc (DaZ, Dyskalkulie)

Murat hat Deutsch als Zweitsprache überwiegend im Kindergarten und in der Schule gelernt. Zuhause spricht die Familie in der Muttersprache der Eltern miteinander. So fehlt Murat viel Übung im Umgang mit der deutschen Sprache. Fremdwörter und Fachbegriffe muss er meist nachschlagen. Aufgrund einer Teilleistungsstörung in Mathematik (Dyskalkulie) hat er große Schwierigkeiten bei der Erfassung von Zahlen und Mengen. Er zählt mit den Fingern ab und löst einfachste Rechenoperationen schriftlich. Dadurch braucht er sehr viel Zeit. Rechenschemata, die er auswendig gelernt hat, wendet er mechanisch an, ohne die Zusammenhänge zu verstehen.

Christina Moser (Autismus-Spektrum-Störung ohne pragmatische Lautsprache, Förderschülerin)

Christina besucht eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung. Sie hat sehr feste Erwartungen an ihren Tagesablauf zu Hause und in der Schule, mit Abweichungen und Veränderungen kann sie schwer umgehen. Sprechen hat sie gelernt, indem sie alles mit nur wenigen Sekunden Verzögerung nachgesprochen hat. Sie benötigt zum Erzählen visuelle Hilfen, z.B. ein Foto als Erinnerungshilfe. Sie lernt mit viel Hilfe feste Satzmuster und Floskeln zu benutzen. Sie verfügt nur über wenige Kommunikationsfunktionen, obwohl sie alle Laute und Wörter aussprechen kann. Sie kann z.B. keine Fragen stellen und auch keine Fragen beantworten. Sie liebt das Tippen auf ihrer Computertastatur. Die Tastatur ist aber an keinen Computer angeschlossen. Mit ihrem IPad kann sie sehr gut umgehen, mit den wenigen Buttons kommt sie sehr gut klar. Wahrscheinlich hat sie damit auch Lesen gelernt. Ob sie versteht, was sie vorlest, kann man schwer sagen. Mit der Hand schreiben kann sie nicht und auch nicht mit einer Schere schneiden. Bilder erkennt sie, wenn es ganz klare, fette Linien und klare Formen mit wenigen Details gibt. Sie zählt bis 1000 und rechnet mit speziellen Apps auf ihrem Tablet im Zahlenraum bis 100.

Fabian Heyden (Down-Syndrom, Förderschüler)

Fabian ist ein neugieriger, kontaktfreudiger, mitteilsamer Junge. Er steht alltäglich vor einer Kommunikationsbarriere. Seine Lautsprache ist noch schwer verständlich. Nicht ALLE Kinder und Lernbegleiter:innen verstehen die Gebärden, mit denen er seine Lautsprache begleitet. Eine digitale Unterstützung ist sein Sprachcomputer, der Begriffe als Metacom-Symbole mit einer synthetischen Sprachausgabe anbietet. Manchmal muss er lange suchen, bis er einen Begriff findet. Er löst immer wieder die Wörter aus, die zu seinen Lieblingssachen passen. Das Schreiben mit der Hand fällt ihm noch schwer. Mit einer großen Tastatur kann er am Computer schon erste Sätze schreiben und ausdrucken. Am leichtesten erkennt er kurze, häufig geübte Ganzwörter wieder. Er liebt (Bilder)Bücher, interessiert sich sehr für Buchstaben und freut sich jedesmal, wenn er ganze Wörter liest. Gute Lese-Wörter haben ein oder zwei Silben und lautgetreue Schreibweise mit wenigen Konsonanten. Auch Zählen macht ihm Spaß - wenn es Dinge sind, die ihm wichtig sind, z.B. die Laugenbretzel in seiner Frühstücksbox. Er verliert bei großen Mengen schnell den Überblick - 2er Bündelungen helfen ihm beim Zählen. Arbeitsaufträge versteht er besser, wenn sie mit Metacom-Symbolen und Gebärden visualisiert und in kurzen Sätzen in einfacher Sprache erklärt werden. Lässt man ihm nach einer Frage Zeit, diese zu verarbeiten, freut er sich sie zu beantworten. Wird die Frage wie ein Kanonenfeuer vielfach wiederholt und dabei immer neu formuliert, weil das Gegenüber denkt, er hätte es akustisch oder kognitiv nicht verstanden, verliert er die Freude an der Antwort und verstummt oder gibt Quatsch-Antworten. Dagegen kommt das Gegenüber schwer an. So hat Fabian keine Chance, etwas Neues zu lernen. Aufgrund seiner ausgeprägten Hypothonie kostet es ihn viel Energie, am Spiel anderer Kinder teilzunehmen. Die Schnelligkeit der anderen stellt ihn vor eine Herausforderung. Er beobachtet die anderen Kinder. Wenn er die Spielregeln verstanden hat, geht er in Interaktion. Die Beobachtungsphase kann Tage, Wochen und Monate dauern. Eine große Lern-Unterstützung sind Videos für ihn. So kann er z.B. Arbeitsaufträge, Handlungsfolgen, Unterrichtssequenzen, Theaterproben, Turnhallen-Aufbauten, Lieder, Spielabfolgen,... in seinem Tempo so oft wiederholen wie er es braucht. Er ist sehr motiviert zu Lernen. Er überrascht immer wieder mit Wissen, das er in vorangegangen Lernstufen geübt, aber zu dem Zeitpunkt nicht reproduziert hat. Fabian liebt Struktur. Bei der Strukturierung seines Tagesplanes hilft es ihm, diesen durch Metacom- Symbole zu visualisieren. Einen Großteil seines Lernalltags verbringt er mit Erwachsenen. Nach dem Besuch einer inklusiven Kita und Grundschule ist er gerade auf eine Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung gewechselt.

Darius Ehricht (Körperbehinderung, inklusive Realschule)

Darius kann nur seinen Kopf gezielt hin und her bewegen. Sein Körper, seine Füße, Arme und auch Hände möchte Darius in einem extra angepassten Rollstuhl fixiert haben, sodass er sich auf seine Kopfbewegungen konzentrieren kann. Er wird oft für geistig behindert gehalten, weil er nicht sprechen kann. Bei motorischen, technischen und pflegerischen Angelegenheiten unterstützt ihn eine Assistenz. Er braucht niemanden, der für ihn denkt oder entscheidet. Er kommuniziert u.a. mithilfe eines Computers. Auf entsprechende Fragen kann er mit einem Ja-Nein-Code relativ schnell und eindeutig antworten. Es hat lange gedauert, bis Darius gemeinsam mit seinem Vater, seinen Lehrer:innen und einem Hilfsmittelberater eine passende Kommunikationshilfe gefunden hatte. Über nur eine einzige Taste, die an seiner Kopfstütze befestigt ist, steuert er nun seinen Sprachcomputer. Die Stimme ist nun endlich keine dunkle Männerstimme mehr, aber die Kinderstimme passt auch nicht mehr. Selbst die beste synthetische Stimme kommt nicht in den Stimmbruch. Eigentlich hatten alle gehofft, dass die relativ neue Technik der Augensteuerung für Darius alles leichter und schneller macht, aber leider passt die Technik nicht zu seinen Augen.

Schreibe einen Kommentar